Foto: Katrin Mevißen, Copyright: UNS

Die Kolumne im März – Zu Tisch mit Gabriele Jürgs und Schoeleh Djannesari – Leiterinnen eines interkulturellen Sprachförderprojekts

„Kinder lernen sehr schnell!“
Als sie vor zwei Jahren aus Rumänien kam, konnte Bianca nur ein paar Worte deutsch, heute spricht sie fast perfekt. „Mein Papa lebt schon seit fünf Jahren hier“, erzählt sie, und meine Mama konnte ein bisschen, die hat mir dann deutsche Bücher gegeben, von denen ich abgeschrieben habe.“

„Dass Bianca sich jetzt prima verständigen kann, verdankt sie vor allem ihrer hohen Motivation und ihrem großen Wissensdurst“, erklärt uns Kursleiterin Schoeleh Djannesari – und auch etwas einem interkulturellen Sprachförderprojekt, das von der Bürgerinitiative Rund um St. Josef (BI) und der Nachbarschaft Samtweberei zusammen mit der Josefschule ins Leben gerufen wurde. Seit kurzem findet dieser Sprachkurs für Grundschulkinder in der Ecke, dem neuen Nachbarschaftswohnzimmer, statt.

Aktuell nehmen zwölf Kinder aus fünf Ländern an dem Kurs Teil. Bei unserem Besuch waren Mario und Sarah aus Italien, die Geschwister Nefeli und Konstantinos sowie Georgia und Christos aus Griechenland, Bartek und Julia aus Polen und Sonja und Bianca aus Rumänien anwesend. Viele der kleinen Sprachschüler sind erst seit ein paar Monaten hier und trauen sich in unserem Beisein noch nicht so richtig, die neue Sprache zu benutzen. „Aber Kinder lernen sehr schnell“, weiß Gabriele Jürgs, die zweite Kursleiterin. „Schon vor dreißig Jahren habe ich drei Brüder aus Italien unterrichtet, die überhaupt kein Deutsch konnten, die haben später eine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen. Mit den dreien bin ich zu Anfang einfach durch den Raum gegangen und habe die Gegenstände benannt, denn damals gab es noch keine speziellen Unterrichtsmaterialien für Migranten.“

Einmal die Woche, jeden Donnerstag von 12.45 bis 15.00 Uhr kommen die Kinder in die Ecke. „Das ist für unsere Schüler ganz schön anstrengend, wenn man vorher schon fünf Stunden Unterricht hatte“, weiß Schoeleh Djannesari. Dass die Jungen und Mädchen trotzdem mit viel Spaß bei der Sache sind, fällt uns sofort auf. An den Wänden hängen Bilder von selbstgebastelten Masken, Clowns und Bäumen. Auf allen Bildern lachen die Kinder nicht nur für die Kamera. Überhaupt wird die Sprache hier sehr spielerisch mit vielen bunten Bildern und kindgerechten Methoden vermittelt. „Einiges von dem Material haben wir von der BI bekommen“, erklärt uns Frau Djannesari, „aber vieles haben wir auch selbst zusammengestellt.“ „Und dank der Küchenzeile hier in der Ecke, können wir den Unterricht manchmal mit Kochen und Backen auflockern“, ergänzt ihre Kollegin.

Sprachkurse und Interkulturelles gehören für Djannesari schon lange zum „täglichen Brot“. Auch in der Erwachsenenbildung gibt sie Kurse im Rahmen von „Deutsch als Zweitsprache (DAZ)“ und „Deutsch als Fremdsprache (DAF)“ „Ich bin gefühlte 500 Jahre Dolmetscherin und habe lange für das italienische Konsulat in Köln und hier in Krefeld als Förderlehrerin speziell für italienische Kinder gearbeitet“, erzählt sie lächelnd. Die gebürtige Iranerin hat Islamwissenschaften, Semitistik (semitische Sprachen und Kultur) und einige Semester Pädagogik studiert. Trotz ihres akademischen Backgrounds geht Schoeleh Djannesari ihre Aufgaben sehr praktisch und unkonventionell an: „Wenn man Menschen mit so verschiedenen Voraussetzungen etwas beibringen will kann man nicht stur nach Lehrplänen vorgehen, da muss man kreativ sein und vor allem mit viel Empathie auf die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe eingehen“, berichtet sie.

Gabriele Jürgs ist außer uns Berichterstattern die Einzige im Raum ohne Migrationshintergrund. Die Krefelderin war vor ihrer Pensionierung über 40 Jahre Lehrerin, davon ein großer Teil auf der Josefschule. „Begonnen habe ich meinen Traumjob allerdings in Duisburg-Hamborn“, so Jürgs. „Da war mir Anfangs meist eher zum Heulen zumute, so rau war das Klima. Im Nachhinein betrachtet war das aber die beste Schule für mich, und wenn ich meine damaligen Schülerinnen und Schüler heute bei Klassentreffen wiedersehe, freue ich mich, dass ich damals durchgehalten habe.“ Nach Ihrer Pensionierung hatte die Lehrerin die Schule zunächst nicht vermisst, aber die Arbeit mit Kindern fehlte ihr sehr. Als ihr ehemaliger Rektor Hubert Fortmeier sie dann fragte, ob sie den Sprachkurs übernehmen wolle, war sie daher schnell bereit, zuzusagen.

„Meine Bedingung war, dass wir für den Kurs einen festen Raum bekommen. Ich wollte nicht jeden Donnerstag rumsuchen müssen“, erzählt sie. Heute freue ich mich, dass ich zugesagt habe. Es macht riesig Spaß zu sehen, wie schnell sich die Kinder entwickeln, obwohl das für die Gruppe aufgrund des unterschiedlichen Lernstands gar nicht so einfach ist. Auch die Eltern sind sehr freundlich und dankbar und wir bekommen sogar ehrenamtliche Unterstützung wie heute von Nazife Colak.“ „Ich finde es vor allem gut, dass hier einmal über etwas Positives berichtet wird“, erklärt uns Schoeleh Djannesari zum Abschied. „Die Migranten sind für uns nämlich eine große Chance, wenn wir ihnen helfen, sich gut bei uns zurechtzufinden.“

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