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Eine Bürger-Initiative wird 120

Was tun Bürger, wenn sie ihre elementaren Interessen bedroht sehen und befürchten müssen, von offiziellen Stellen keine Hilfe zu bekommen? Sie gründen eine Bürgerinitiative. So ist es heute, und so war es auch schon vor 120 Jahren…

Damals im Jahr 1898 erblickte einer der ältesten Krefelder Bürgervereine, der „Bürgerverein Bahnbezirk“, das Licht der Welt. Anlass für die Vereinsgründung war eine aktuelle Notlage vieler Bewohner der Krefelder Südstadt, deren Häuser und Grundstücke durch die Umbaupläne der Bahn bedroht waren. Denn für die geplante Hochlage und die Ausweitung des Gleiskörpers wurde viel Platz benötigt. Also gründeten Bürger des „Bahnbezirks“ zwischen Elisabethstraße und Nauenweg eine Bürger-Initiative, um ihre Interessen gegenüber Staatsbahn und Stadt gemeinsam zu vertreten.

Bürgervereine in Krefeld besonders stark
Heute, über ein Jahrhundert später, kämpfen die Krefelder Bürgervereine nicht mehr für das wirtschaftliche Überleben ihrer Mitglieder. Aber immer noch sind sie ein wichtiges Element im sozialen Leben ihrer Stadtteile. Überhaupt ist Krefeld mit seinen – das gesamte Stadtgebiet abdeckenden – 31 Bürgervereinen eine absolute Besonderheit. Die Krefelder Bürgervereine sind sogar so stark in der lokalen Tradition verwurzelt, dass darüber nachgedacht wurde, in der Stadt gar keine Bezirksvertretungen einzurichten. „Immer noch fragt, die Politik bei Bürgervereinen nach, bevor sie wichtige Entscheidungen trifft“, erklärt Andreas Stomps, der aktuelle Vorsitzende des Bürgervereins Bahnbezirk. „In unseren Vereinen sind oft besondere Menschen aktiv, die ihren eigenen Kopf haben und sich nicht von Parteien und Verwaltung vereinnahmen lassen.“

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Zurück am Puls der Zeit
Dabei sind die Bürgervereine heute in der Öffentlichkeit leider nicht mehr so präsent wie noch in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Auch der Bürgerverein Bahnbezirk wird von vielen auf den Martinszug und seine Seniorenfahrten reduziert. Seit dem ersten Kirschblütenfest hat sich hier allerdings etwas geändert. Durch den Schulterschluss mit den Projektmachern der Alten Samtweberei kommt der Traditionsverein wieder zurück an den Puls der Zeit. „Um der neuen Situation Rechnung zu tragen, haben wir vor kurzem unsere Satzung geändert“, erzählt Stomps. „Jetzt können Gruppen, die sich im Viertel engagieren wollen, grundsätzlich unter unserem Dach aktiv werden – und das sogar nur auf Zeit. Wir wollen uns gerne verjüngen und für Menschen attraktiv werden, die bisher nicht zur klassischen Zielgruppe eines Bürgervereins gehören. Ich sehe ein große Möglichkeiten für die Zukunft!“

Ein Artikel von Michael Otterbein

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